Wissen ist ein Begriff, der absolut relativ ist (ein Paradoxon!?), weil das Wissen über etwas nie fix sein kein. Das mag provokant klingen und ich höre schon die Widerstände und Gegenargumente: „Es gibt Dinge, die weiß ich einfach!“ „Das ist fix!“ „1+1 ist immer 2“, .... Doch auch hier bedarf es einer ehrlichen Betrachtungsweise. Ich habe vor einiger Zeit in einem wissenschaftlichen Magazin gelesen, dass sich die Halbwertszeit von Wissen mit jedem Jahr drastisch verkürzt. Was vor ein paar Jahrhunderten noch Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte als „wahr“ galt, ist in unserer heutigen Zeit oft schon nach ein paar Jahren widerlegt. So glaubten (fast) alle bis ins 16. Jahrhundert, dass die Erde eine Scheibe sei. Erst durch Galileo Galilei wurde dieses Bild erschüttert und heute sind wir (fast) alle davon überzeugt, dass die Erde eine Kugel sei und durch einen Urknall entstand. Doch dieses Wissen vom heliozentrischen Weltbild wurde erst im 18. Jhdt. und nach weiteren Erkenntnissen von Kopernikus und Newton anerkannt und das davor über 2 Jahrtausende geltende geozentrische Weltbild abgelöst. Doch müssen wir nicht unbedingt nur in den Makrokosmos schauen, sondern wir können bei uns Menschen bleiben. Allein die Entwicklung der Neurobiologie und der Epigenetik in den letzten 20 Jahren hat z.B. Erkenntnisse gebracht, die gerade im Wissen um uns selbst und unsere Funktionsweise einiges auf den Kopf gestellt haben. Doch da wir nicht grad die Schnellsten in der Anpassung an Veränderungen sind, ist gerade in diesem Bereich noch ein Wissen in der Bevölkerung verankert, welches eigentlich schon veraltet ist, aber zum Teil noch immer in den Lehrplänen von Schulen Platz findet. Neurobiologen wie Gerald Hüther oder Joachim Bauer kritisieren das schon seit Jahren. Was ich damit sagen möchte: Wir glauben zu wissen, wer wir sind, haben aber in Wirklichkeit keine Ahnung! Und um es nochmals zu betonen: im Moment betrachten wir dabei nur die physisch messbaren Komponenten und noch nicht die metaphysischen energetischen und spirituellen Aspekte des Menschseins! Aus meiner Sicht ist es daher wichtig, sich regelmäßig Fragen zu stellen ohne die Erwartung, EINE Antwort auf die gestellte Frage zu bekommen. Meistens wird es mehrere Antworten geben, manchmal auch keine. Und ganz selten gibt es EINE. Doch das Hinterfragen ist ein wesentlicher Aspekt einer persönlichen Entwicklung. Nichts ist fix, alles ist in Bewegung – ob wir wollen oder nicht. Deshalb finde ich eine aktive Persönlichkeitsentwicklung sinnvoller als ein starres Beharren auf Standpunkten und Glaubenssätzen, die im Lauf unseres Lebens verinnerlicht haben.
Klaus Gisinger, 16.5.2020
Kommentar schreiben